HISTORY

Der Fährkrug bei Shiffmühle
Pfaffer J. Schultze, Alt Glietzen
Auf der «Insel Neuenhagen» ist der Fährkrug eine geschichtlich besonders bedeutsame Stelle. Er liegt in der Südwest-Ecke der Insel an der großen Haarnadelkurve der Chaussee, die nach Bad Freienwalde führt, dicht am Ufer der «Alten Oder». Das Bild des Gebäudes mit seiner Säulenhalle an der südlichen Langseite des Hauses, ähnlich wie einem «Löwinghause» ist eigenartig, und die Geschichte des Fährkruges ist beachtenswert.
Die erste Nachricht von dieser «taвerna super Lotus Frienwold» findet sich im «Landbuch der Neumark» vom Jahre 1337. In deutscher Übersetzung lautet der lateinische Bericht: «Herr Nicolaus Albus (Weis, Witte) besitz vier Dörfer, wie er ergibt, mit aller Gerichtsbarkeit, nämlich Geizen (Alt Gleisen), Gralizen (Bralitz), Grabow (Gabow) und Botzen (Hohen Wutzen) samt dem Kruge (gegen-) über dem Freienwalde Ufer (Fährkrug) und seinen Hofe Nienhoff (Neuenhagen).»
Diese «taberna» aber ist gar nicht nur ein Krug, ein Gasthof, gewesen, sondern es war die Stelle, von der aus der Fährverkehr zwischen der Insel Neuenhagen, also der Neumark, und der Stadt Freienwalde, also der Kurmark, vermittelt wurde. Nämlich bis zur Entwässerung des Oderbruches durch Friedrich den Großen lag zwischen der Insel und Freienwalde der große «Hechtsee», ein Überschwemmungsgebiet der Oder, die ihn durchfloss; und dieser Hechtsee erstrebte sich in Freienwalde bis an die jetzige Fischerstrasse. Der Fährbetrieb und also auch der Fährkrug kann schon bestanden haben, seitdem die `Neumark um 1260 unter den Markgrafen Johann I. und Otto |||. erworben war. Um 1337, wie gesagt, war Nicolaus Albus Besitzer der Insel und des Fährkruges, um 1350 waren die Mörner, die im Bärwalder Lande angesessen waren, die Besitzer der Herrschaft Neuenhagen und später die Familie von Uchtenhagen.
Die Uchtenhagens sollen auch die Stadt Freienwalde beinahe 250 Jahre in Besitz gehabt haben; der Verkehr von Neuanlagen nach Freienwalde über den Fährkrug wird also lebhaft gewissen sein. Die Herrschaft hatte selbstverständlich die Überfahr mit der Fähre frei, sonst aber musste nach der Fährrolle von 1771 bezahlt werden für einen Wagen mit zwei Pferden 8 Groschen, für einen Wagen mit vier Pferden 10 Groschen, für eine Person zu Fu p 6 Pfennige. Wenn mehrere Wagen zugleich übergesetz wurden, war die Gebühr geringer, Frachfuhrleute aber mustn ein höheres Fährgeld zahlen. Nachdem Caspar ||. von Uchtenhagen im Jahre 1542 von Freienwalde her einen damm in den Hechtsee hinein 1500 Schritte hatte schütten lassen (im Zuge des jetzigen Weidendammes), wurde die Überfahrt mit der Fähre um etwa die Hälfte verringert. 1604 verkaufte der letzte Herr von Uchtenhagen die Herrschaft Neuanlagen für 25500 Taler an den damaligen Kurfürsten Joachim Friedrich. Der Fährkrug aber scheint von diesem Verkaufe ausgeschlossen zu sein, denn die Nachricht besagt, das der Fährkrug 1636 der Witwe des Erbherrn auf Ranft, Otto Balthasar von Bomsdorf, geborene von Paltow, für den Kurfürsten für 450 Taler abgekau ft wurde. 1697 zu Zeiten des Amtmannes Johann Engel auf Neuenhagen wird der Fährkrug mit fünf Zimmern im Erdgeschoss neu erbaut.
An der Langseite bekam das Gebäude eine Säulenhalle. 1710 wurden die ganz baufällige Scheune und die Stallung notdürftig für 24 Taler und 10 Silbergroschen ausgebessert. Die Kosten sollen aus dem Fährgelde gedeckt werden. Aber schon 1714 stellte sich heraus, das die Scheune neu erbaut werden mustste. Der Anschlag beläuft sich auf 72 Taler und 3 Silbergroshen. Fährkruges waren damals Hans Kretke und Andreas Fritsche. Um 1719 heist der Fährverwalter Reinhardt. Bereits 20 Jahre nach dem Neubau ist das Fährhaus «sehr baufällig», der Stall «dräuet täglich den Einfall», und der «ruin nimmt gewaltig überhand» an dem Stelle. Um 1784 stehen beim Fährkruge vier Häuser, vor dem Fährkrug in der Oder liegt damals eine kleine, längliche Insel, weiter unterhalb, nach Bralitz zu, zwei etwas grössere Inseln, von denen die eine mit Buschwerk, die andere mit Bäumen bestanden ist.
Um 1760 hiess der Fährverwalter Billerbeck. Er und seine Frau sind zu Neuenhagen begraben worden. Die Inschriften auf den Grabsteinen lauten: «Hier rührt in Gott Herr Johann Friedrich Billerbeck, gewesener Fährverwalter der Königlichen Neuenhagenschen Amtsfähre zu Freienwald in der Neumark, geb Anno 1697, den 16. Juni, und gestorben auf dem Fährkrug Anno 1770, den Januar, eines Alters von 72 Jahren 6 Monaten 21 Tagen. Leichentext 2. Timothy. |V, 7. u. 8.», und die Inschrift des Grabstein der Frau: «Hier ruhet in Gott Frau Marie Billerbeckin geb. Tempel, welche geboren in Bralitz Anno 1710, den 5. Mai, und gestorben auf dem Fährkrug Anno 1769, den 2. Februar, ihres Alters 49 Jahre 9 Monate 10 Tage. Leichentext Offenbarung Jon. 14.13 Selig sind…» (Die Berechnung der Alters der Frau stimmt nicht.) (Um 1732 gab es in Bärwalde einen David Billerbeck; die Familie entstammt wahrscheinlich dem Pommerschen Uradel.) Nach Melchers «Heimatkunde von Zehden» (S. 36) hatte das Amt Zehen jährlich, «dem Aufseher am Fährkruge» zu zahlen: 4 Taler in bar. dazu 8 Scheffel Roggen, 6 Scheffel Gerste und 8 Metzen Ersten. Ein Wirtschaftsbuch der Domäne Neuhagen berichtet: 1840 waren auf dem Fährkruge vorhanden 5 Apfelbäume, 3 Birnbäume, 83 Kirschbäume, 34 Pflaumenbäume, 201 Weiden. An Ländereien gehörten 1850 zum Fährkruge (in Morgen und Quadraturen): Hof- und Baustellen 2/7, Garten 1/170, Acker 96/147, Wiesen 37/70, Hütung 23/27, ertragslosen Land und Wasser 2/39, zusammen 164 Morgen 120 Quadratruten. Einer der wichtigsten Tage für den Fährkrug ist der folgende gewesen: Bis zum Jahre 1763 hatte Friedrich der Grosse das entwässerte Oderbruch nich mehr gesehen. Da aber suchte der König wieder sein geliebtes Bruch auf. Von dieser Reise eazählt der Kammerrat Noedelchen: «Als der König in Freienwalde war, liess er die beiden Kommissarin Petri und Haarlem nach dem Fährkrug bescheiden. Nachdem er sich durch Fragen nach allen Einzelheiten der Kolonisation erkundigt hatte, dankte er ihnen für den bewiesenen Eifer. Inzwischen hatte sich grosse Zahl der von ihm ins Land gerufenen Kolonisten versammelt. Nicht mit wildem Garäusch opferten sie ihren Dank; sondern mit ehrfurchtsvoller Stille, mit unverkennbaren Merkmalen innerer Zufriedenheit; reinlich gekleidet mit Weib und Kindern, blicken sie auf ihren ergebenen Herzen. Dem König war ein rührendes Schauspiel. Bald ruhte sein Blick auf diesem frohen Volkshaufen, bald wandte er ihn auf die reiche, fruchtbare Gegend, die mit den neuen Dörfern und zahlreichen Herden hier so besonders vorteilhaft in die Augen fiel, und er rief mit der innegsten Bewegung: «Ich habe eine Provinz gewonnen! »
1874 wurde der Fährkrug nach Schiffmühle eingemeindet. Das Haus gehört jetzt (1937) einer Frau Anna Kühling, geborenen Kersten, im Privatbesitze, und es wird bewohnt elf Personen, die sieben verschiedenen Haushaltungen angehören.
Bis zirka 1975 gehörte das Haus einer Familie Binnow die es der Gemeinde schenken.
Von 1992 Herrn Erwin Schumacher bis 2010.
Ab September 2010 Herrn Mechislav Klimovich.
Entkommen aus: Königsberger Kraiskalender 8.1938, S. 145 f.; Pfarrer Johannes Schultze war ein unermüdlicher Heimatforscher in der ersten unseres Jahrhunderts. Er wirkte zunächst in Neuenlietzegöricke, später in Altglietzen.